Zur Kritik der neoliberalen Universität

Vor­trag von Ger­hard Stapelfeldt

am 17. April 2019

Die Uto­pie der Bil­dung ver­sprach einst, daß der Mensch durch sei­nen Auf­stieg zur Got­tes­eben­bild­lich­keit sich selbst und sei­ne Welt durch Ver­nunft zu bil­den ver­möch­te: einem Bild­hau­er gleich. Bil­dung ist: höchs­te theo­re­ti­sche Ein­sicht in die Welt als Gan­ze, prak­ti­sche Ver­wirk­li­chung des Men­schen als Men­schen, der Gesell­schaft als eines ver­nünf­ti­gen „Ver­eins frei­er Men­schen“ – so daß der Mensch sich sei­ner selbst und sei­ner Ver­hält­nis­se be­wußt ist. Als Pro­zeß ist Bil­dung: Welt- und Selbst­auf­klä­rung durch das „Än­dern der Umstän­de“ und „Selbst­ver­än­de­rung“ ineins (Marx). Die­se Idee wur­de gebo­ren in der Anti­ke, radi­ka­li­siert in der Renais­sance, lei­ten­de Uto­pie in der Epo­che der libe­ra­len Auf­klä­rung – um am Ende des 19. Jahr­hun­derts in der Aus­bil­dung von Men­schen zu Maschi­nen­men­schen in einer irra­tio­nal-ra­­tio­na­len Maschi­nen­ge­sell­schaft unter­zu­ge­hen. Die neu­es­te Gestalt der Nega­tion jener Ver­nunft-Uto­pie durch den gesell­schaft­li­chen Feti­schis­mus ist der zur Glo­ba­li­sie­rung ver­all­ge­mei­ner­te Neo­li­be­ra­lis­mus: die neo­li­be­ra­le Wis­sensgesellschaft. Die Pro­duk­ti­ons­stät­te des gesell­schaft­lich analpha­be­ti­schen Wis­sens der Wis­sens­ge­sell­schaft ist die neo­li­be­ra­le Uni­ver­si­tät. In ihr wird der Wis­sen­de an eine dar­wi­nis­ti­sche Wett­be­werbs­ge­sell­schaft ange­paßt, die nur Sie­ger und Ver­lie­rer kennt: „Über­le­ben des Erfolg­rei­chen“ und „Selek­tion“ (Hay­ek).


Prof. Dr. Ger­hard Sta­pel­feldt lehr­te von 1979 bis 2009 am Insti­tut für So­ziologie der Uni­ver­si­tät Ham­burg. Seit­dem arbei­tet er als frei­er Schrift­stel­ler in Hamburg.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen gibt es bei Face­book sowie einen Audio-Mit­schnitt zum nach­hö­ren bei Sound­cloud.

Eine Ver­an­stal­tung in Koope­ra­ti­on mit dem Refe­rat für Poli­ti­sche Bil­dung (Pol­Bil) des All­ge­mei­nen Stu­die­ren­den­aus­schus­ses (AStA) der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt mit freund­li­cher Unter­stüt­zung des Forum Kri­ti­scher Wissenschaften.